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Bessere Sicht für mehr Sicherheit

Duisburg hat eine lange Erfindertradition. Besonders ein Sohn der Stadt hat es weit gebracht: Gerhard Mercator. 1512 wurde er geboren, 1594 segnete er in Duisburg das Zeitliche. Als Geograph und Karto­graph brachte er es zu Weltruhm. Eine sei­ner Innovationen ist die Grundlage für mo­derne Atlanten und Landkarten: die nach ihm benannte Mercator-Projektion. Sie ermöglicht es, die dreidimensionale Erd­kugel auf einer zweidimensionalen Ebene darzustellen. In den folgenden Jahrhun­derten sind viele Duisburger in Mercators Fußstapfen getreten. Entstanden sind da­bei nützliche, skurrile oder schlicht köst­liche Erfindungen. Ein Blick in die jüngere Vergangenheit.

So war es ein Duisburger, der im Jahr 2003 ein Patent auf ein System zur WC-Desin­fektion anmeldete. Torsten Bruckhaus wollte mit seiner Erfindung dafür sorgen, dass sich niemand mehr ekeln muss, wenn er öffentliche Toiletten benutzt.

Auch eine Erfindung, die Musikern das Spiel erleichtern sollte, stammt aus Duisburg: eine automatische Umblätterhilfe für Notenhefte, im Jahr 2009 entwickelt von Siegfried Baltzer, der einst eine Fahr­schule in Neuenkamp betrieb.

Dann wären da noch die Erfindungen von Bruno Langhanki, einem Tüftler aus Lei­denschaft – oder, wie die WAZ ihn einmal nannte, dem „Daniel Düsentrieb von Berg­heim“: 1998 erfand er die Felgenkral­le. Kein Bolzenschneider konnte diesem Diebstahlschutz für Zweiräder etwas anhaben. Später folgten weitere Erfin­dungen, etwa die Knie- und Aufstehhilfe „Brunfix Ü 50“ oder der „brunvix-Bügel“, mit dem Plastiksäcke mühelos befüllt werden können.

Und nicht zu vergessen: die „Pusztetten“, erfunden im Imbiss von Peter Pomm am August-Bebel-Platz in Marxloh. Die klei­nen Hackfleischbällchen in würziger To­matensoße sind legendär. Selbst in New York City sollen sie schon in einem Restaurant am Hudson River gesichtet wor­den sein.

Im Fraunhofer-Institut in Duisburg arbeiten Wissenschaftler an neuen, hochempfindlichen Sensoren. Sie sollen unter anderem selbstfahrende Autos sicherer machen.

Ein gelbes Warnsymbol macht deutlich: Hier sind Laser im Einsatz. Der Ort: die Tiefgarage des Fraunhofer-Instituts für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme (IMS) in Duisburg. Auf einem Stativ steht die Owl-Kamera, die den Namen von ihrem eulenartigen Aussehen hat. Die unscheinbare Metallkiste, nicht viel größer als eine Brotbox, ist vollgestopft mit Technik. Von diesem Gerät werden die Laserstrahlen in den Raum geschossen. Sichtbar sind sie nicht. Mit ihrer Hilfe lassen sich aber Entfernung und Geschwindigkeit von Objekten bestimmen. Wofür diese Technik gebraucht wird? Für selbstfahrende Autos zum Beispiel. Sie sind eines der großen Themen der Zukunft. Automobilhersteller wie Audi arbeiten daran, aber auch Technologiekonzerne wie Google und Apple. Ob und wann sich das autonome Fahren auf dem Markt durchsetzen wird, ist eng mit der Frage verknüpft: Wie sicher sind diese intelligenten Autos? Das Fraunhofer IMS arbeitet deswegen an neuen Kamera- und Sensor-Systemen, die für optimale Sicht und damit für mehr Sicherheit sorgen sollen.

Das Institut am Campus der Universität Duisburg-Essen in Neudorf besteht seit Herbst 1984 und steht wie alle Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft für angewandte Forschung und Entwicklung. In Duisburg arbeitet man an mikroelektronischen Lösungen für Kunden aus Wirtschaft und Gesellschaft – dazu gehört auch das Sensor-System für selbstfahrende Autos. Wie wichtig ausgereifte Technik hier ist, zeigte sich zuletzt 2016. Ein schwerer Unfall in Florida machte weltweit Schlagzeilen. Ein Model S von Tesla kollidierte mit einem Lastwagen. Der Fahrer hatte sich ausschließlich auf den Autopiloten verlassen. Er soll den Fahrer unterstützen und eigentlich Unfälle vermeiden. Vollständig autonomes Fahren ermöglicht der Autopilot nicht. Beim Crash in Florida verwechselte die Fahrassistenz den Lkw mit einer Schilderbrücke und bremste nicht, wie Tesla- Chef Elon Musk in seinem Blog schrieb. Die Frontkameras konnten das Hindernis nicht identifizieren und eine falsche Radarmessung verhinderte die Vollbremsung.

Eine solche Gefahr richtig einzuschätzen, ist für das menschliche Auge leicht. Kameras tun sich deutlich schwerer. Wie genau sie arbeiten, hängt von der Lichtsituation ab. Deswegen setzten die Forscher am Fraunhofer IMS auf die LiDAR. Die Abkürzung steht für „Light Detection and Ranging“ und das Funktionsprinzip ist dem eines Radars ähnlich. Laserstrahlen werden ausgesendet. Ob­jekte, auf die sie treffen, reflektieren die Strahlen. Spezielle Kameras empfangen das Licht. Anhand der Laufzeit lassen sich Entfernung, Position und Geschwindigkeit berechnen. Um die Umgebung allerdings in einem 360-Grad-Winkel erfassen zu können, sind rotierende Spiegel nötig, auf die der Laserstrahl gelenkt wird. „Solche Systeme sind jedoch wegen der mechani­schen Teile anfällig für Fehler“, erklärt Dr. Jennifer Ruskowski (33), Forschungslei­terin für 3D-Sensoren am Fraunhofer IMS. Zudem seien sie zu groß, klobig und teuer – weswegen sie für Autohersteller nicht in Frage kommen.

Hier setzt das Fraunhofer IMS mit seiner Forschung an. Um auf die Spiegel verzich­ten zu können, haben die Wissenschaftler hochempfindliche Fotodioden entwickelt. Bei Fotodioden handelt es sich um Sen­soren, die Licht in elektrische Energie umwandeln. Sie finden sich etwa in Licht­schranken oder Fernbedienungen. Mit ih­nen ist es möglich, die Umgebung mit nur einem Laserblitz zu erfassen, weswegen diese Messmethode Flash-LiDAR genannt wird.

Die Fotodioden sind dabei hundert Mal empfindlicher als jene, die heute noch oft in gewöhnlichen Smartphones verbaut werden. „Es reicht ein Photon aus, um ein Signal zu bekommen“, sagt Jennifer Ruskowski. Das heißt, dass nur ein Lichtteilchen nötig ist, um Hindernisse zu erkennen. Da die Tech­nik besonders klein ist, lässt sie sich mü­helos hinter der Windschutzscheibe oder dem Scheinwerfer verbauen. Das macht sie spannend für Automobilhersteller. Aber auch für andere Bereiche wie Robotik und Logistik ist sie interessant. „Es gibt zahl­reiche Anwendungsfelder, in denen unsere Sensoren gebraucht werden können“, sagt die Physikerin Ruskowski.

Aktuell arbeite man noch an der Feinjus­tierung. Reichweite und Genauigkeit sollen weiter verbessert werden. Für 2018 ist dann die Serienproduktion geplant.

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