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Nina Hagen im Audimax war der Wahnsinn

Wie sind Sie als Jugendlicher in Duisburg an gute Musik gekommen?

Ich habe drei ältere Geschwister. Bei denen war Musik immer ein Thema. Mein drei Jahre älterer Bruder hat in den 1970er-Jahren seine mittlerweile gigantische Plattensammlung aufgebaut. Der wusste immer, was gerade angesagt ist, und war Stammkunde bei LP auf dem Sonnenwall sowie im Amsterdam Record Shop am Buchenbaum. Ich weiß noch, wie er das erste Mal Kraftwerk mit „Autobahn“ aufgelegt hat. Da standen wir Geschwister um den Plattenspieler herum, und dabei fiel uns die Kinnlade runter.

Was war Ihre erste Vinyl-Single?

Mein Bruder hat damals Radio Luxemburg gehört. Eines Tages lief auf dem Sender „One Way Wind“ von The Cats. Die Platte habe ich mir danach gewünscht. Da war ich aber noch jung und mein Musikgeschmack nicht sehr ausgeprägt (lacht). Später habe ich dann die großen Rockbands gehört – Deep Purple, Led Zeppelin oder Uriah Heep. Und ich war ein Udo-Lindenberg-Fan der ersten Stunde. Den habe ich schon als 13-Jähriger live in Bonn gesehen.

Welche Erinnerungen haben Sie an das Konzert?

Ich bin nach der Zugabe auf die Bühne gesprungen und mit Udo in den Backstagebereich geflutscht. Drei Mädels und ein Kumpel von mir waren auch dabei. Die Roadies wollten uns aufhalten. Aber Udo hat nur gesagt: „Lasst sie doch durch!“ Er hat uns dann hinter der Bühne Autogramme gegeben. Das war ein super Abend. Ich war dann später auch derjenige auf dem Schulhof, der die neueste Lindenberg- Platte komplett durchsingen konnte.

Klingt danach, als hätten Sie einen Lieblingsinterpreten.

Lindenberg ist bei mir weit vorn. Aber während meiner Schulzeit haben die im Radio was ganz Neues aus den USA gespielt: das Album „Horses“ von Patti Smith. Der erste Ton erklang und ich war hin und weg. Dann habe ich meinem älteren Bruder davon erzählt. Seine Antwort war nur: „Was soll das denn sein? Die kenn ich nicht.“ Er ist trotzdem zu LP gegangen und hat sich die Platte gekauft. Zuhause haben wir reingehört und nach einer Minute bekam ich das anerkennende Kopfnicken vom großen Bruder. Patti Smith habe ich später viele Male live gesehen. Da braucht man nicht lange zu diskutieren: Sie ist die Größte.

” ICH WAR EIN UDO-LINDENBERG- FAN DER ERSTEN STUNDE. ”

Markus John

Was für Konzerterinnerungen haben Sie aus Ihrer Heimatstadt?

Mein Bruder hatte mich mal mit ins Audimax der Uni Duisburg geschleppt. Da trat die Nina Hagen Band auf. Die kannte damals im Westen noch keiner. Wir saßen beim Konzert auf dem Boden und waren hinterher vollkommen platt. Nina Hagen hat so eine Energie verbreitet – das war der Wahnsinn. Das war mein Konzert-Highlight in Duisburg.

Wo waren Sie sonst?

Meine Wochenenden habe ich in der Grugahalle in Essen, in der Philipshalle in Düsseldorf oder in der Westfalenhalle Dortmund verbracht. Wenn New-Wave-Größen wie Ian Dury auftraten, musste ich hin. Auch die Neue Deutsche Welle hatte mich anfangs begeistert. Da muss ich an ein legendäres Konzert in Düsseldorf denken – mit Fehlfarben, The Wirtschaftswunder, Palais Schaumburg und DAF. Die Punks haben in der Pause die Bühne gestürmt. Das war Anarchie pur. Bei DAF haben alle Zuschauer Pogo getanzt und ins Mikrofon von Sänger Gabi Delgado gebrüllt. Von der Band war nichts mehr zu sehen – ein legendäres Konzert. Aber kurz danach hatte sich die Neue Deutsche Welle für mich erledigt.

Warum?

Das war dann nur noch Kommerz-Mist. Nena hat ihre „99 Luftballons“ aufsteigen lassen und Trio ist mit „Da Da Da“ in der ZDF-Hitparade aufgetreten. Dann gab es noch dieses scheußliche „Ich will Spaß“, das zu allem Überfluss noch ein Interpret namens Markus gesungen hat. Mit dem Plastiksound konnte ich nichts mehr anfangen. Ich brauchte das Harte, nicht das Bunte.

Können Sie mit der Musik der Gegenwart etwas anfangen?

Es gab und gibt zu jeder Zeit Sachen, die ich klasse finde. Ich war mit meiner ältesten Tochter kürzlich bei Trettmann. Der hat echt ein paar gute Songs. Warum die im Hip-Hop mit dieser Autotune-Software aber immer ihre Stimmen verzerren müssen, verstehe ich nicht. Wenn er das weggelassen hätte, wäre das richtig gut gewesen.

Sie haben in Ihrem Leben schon viele Konzerte gesehen. Gibt es trotzdem noch eine Band, die Sie gerne live sehen würden?

Ich habe noch einen Wunsch, der aber vermutlich nicht mehr in Erfüllung gehen wird. Wenn sich „Crosby, Stills, Nash and Young“ noch mal zusammentäten, würde ich hingehen. Das Album „4 Way Street“ gehört zu meinen Lieblingsplatten. Da die Bandmitglieder jedoch alle um die 80 sind, wird es vermutlich keine Comeback-Tour mehr geben.

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