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Von Beeck bis Beijing

Es klirrt und klackert in den hellen, feuchtwarmen Hallen, die einen ange­nehmen Geruch nach Pils verbreiten. Hier und da sammeln sich wässrige Rinnsale auf dem hell gefliesten Boden. aus hygi­enischen Gründen tragen wir einen wei­ßen Überziehmantel aus Vliesstoff, als wir die königlichen Hallen an der Fried­rich-Ebert-Straße in Duisburg-Beeck be­treten. Hintereinander und nebeneinander aufgereiht fahren die bekannten Flaschen mit dem weiß-goldenen Etikett auf der Ab­füllanlage mit rasender Geschwindigkeit entlang. im Dreischichtbetrieb wird hier das König Pilsener abgefüllt, das in der Region liebevoll Köpi genannt wird. Bis zu 55.000 Flaschen verlassen pro Stunde die Abfüll­anlage, die nur von einer Handvoll der ins­gesamt 220 Mitarbeiter der König-Brauerei in Beeck gefahren wird. Michael Jitschin, 41 Jahre, ist einer von ihnen. Er steuert als Anlagenbetreiber die Abfüllanlage. auf die Frage, an welchem Ort er denn das von Duisburg am weitesten entfernte Köpi getrunken hat, antwortet er, ohne lange nachzudenken: „Das war auf Ibiza. Und von unserer Hochzeit gibt es auch ein Bild, auf dem meine Frau ein alkoholfrei und ich ein Köpi in der Hand halte“, schmunzelt er. Das ist Markenverbundenheit, die man ihm wirklich abnimmt.

Vielleicht hat es ja auch damit zu tun, dass jeder Mitarbeiter der Traditionsbrauerei nach wie vor Monat für Monat 80 Liter Frei­bier erhält. Auch sein 29-jähriger Kollege Danny Kranemann hat seine entfernteste König-Pilsener-Erfahrung auf der spani­schen Sonneninsel gemacht. Der Chef der beiden, Guido Christiani, ist als Geschäfts­führer Technik der König-Brauerei in Sachen Bier schon etwas weiter herumgekommen. „Shanghai war für mich bislang der von Duis­burg am weitesten entfernte Ort, an dem ich ein König Pilsener getrunken habe“, berich­tet Christiani.

König Pilsener macht sich reisefertig

Frisch abgefüllt, mit einem Kronkorken versehen und mit einem neuen Etikett ausgestattet, macht sich die König-Pilse­ner-Flasche auf die Reise zum Kunden. Der sitzt mittlerweile nicht nur in Deutschland, sondern ist in einem der fast 50 Länder weltweit zu Hause, in die König Pilsener exportiert wird. Das Bier traditioneller un­tergäriger Pilsener Brauart tritt nicht nur in Flaschen, sondern auch in Dosen und Fässern seine Reise in die Welt an. in einer Stunde können in Beeck auf der hochmo­dernen elektronisch gesteuerten Abfüllan­lage rund 55.000 Flaschen, 50.000 Dosen und 750 Fässer mit dem hellen Gerstensaft befüllt werden. Für ein 50-liter-Fass wer­den dazu nur etwa 100 Sekunden benö­tigt. in riesigen Lagerhallen stapeln sich haushohe türme der knallroten König-Pil­sener-Kästen und Paletten mit Dosen, die auf dem Brauereigelände auf ihre Abholung warten. Wie in einem gut organisierten In­sektenstaat schaffen fleißige Großstapler, die vier Paletten gleichzeitig transportieren können, ständig neue Fracht für die an- und abfahrenden LKW heran. täglich werden bis zu 100 Sattelzüge beladen. So verlassen zu Spitzenzeiten täglich circa 4.000 Fäs­ser und 40.000 Kästen die Brauerei. Würde man die Kästen hintereinanderstellen, er­gäbe das eine Strecke vom Brauereigelän­de bis zum Hauptbahnhof in Oberhausen, das sind immerhin 16 Kilometer.

Den Transport bis hin zu den Kunden, wo auch immer sie ihr Köpi genießen, wickelt die Brauerei übrigens nicht mehr mit eige­nem Fuhrpark ab, sondern arbeitet hierfür mit dem Getränkefachgroßhandel zusam­men. Etwa 35 Prozent des Bierausstoßes werden als Fassbier an die Gastronomie geliefert. „König Pilsener ist traditionell in den besten Häusern beheimatet — wir werden in zahlreichen 5-Sterne-Hotels und vielen Toprestaurants mit Michelin-Sternen ausgeschenkt. Das Haus Stemberg in Vel­bert beispielsweise hat gerade seinen 150. Geburtstag gefeiert — und uns gibt es dort seit 150 Jahren“, erklärt Marc Baron, Pres­sesprecher der König-Brauerei. auch Dosen anderer Biermarken der Bitburger Brau­gruppe, zu der die König-Brauerei seit 2004 gehört, verlassen die Lagerhallen. Denn die König-Brauerei in Beeck verfügt über eine hochmoderne Dosenabfüllanlage, die auch von Bitburger, Köstritzer, Licher oder Wer­nesgrüner genutzt wird. Das Bier wird dazu in großen Tanklastzügen von den jeweiligen Brauereistandorten angeliefert.

Feinherbes Pils wird international geschätzt

Wurde das König der Biere zunächst haupt­sächlich in traditionelle Touristenregionen wie Italien oder Spanien exportiert, steigt der Absatz von König Pilsener in den letz­ten Jahren auch in China und Nordamerika kontinuierlich an. „Wir verkaufen König Pil­sener in größeren Mengen nach China. Ab­nehmer haben wir aber auch in Guatemala, Chile, Argentinien, Paraguay, Uruguay und auch in Kuba. im Jahr 2014 war Spanien das Land mit dem größten Absatz von Kö­nig Pilsener“, erklärt Pressesprecher Baron. Der Bierabsatz der Bitburger Braugruppe lag mit rund 7,2 Millionen Hektolitern im Jahr 2014 um 2,8 Prozent unter den Ver­gleichszahlen des Vorjahrs. aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes belegen, dass der Bierexport aus Deutschland mitt­lerweile zum wichtigen Wachstumsfaktor für deutsche Brauereien geworden ist, da der deutsche und europäische Biermarkt stagniert. So wurden im Jahr 2014 etwas mehr als 1,5 Milliarden Liter Bier im Wert von knapp 1,1 Milliarden Euro aus Deutsch­land ausgeführt. Dabei lagen mit Italien (20 Prozent), Frankreich (12 Prozent) und den Niederlanden (11,1 Prozent) ausschließ­lich EU-Staaten auf den ersten drei Plätzen. Auf Platz vier lag die Volksrepublik China mit 152 Millionen Litern Bier (9,8 Prozent) vor den Vereinigten Staaten mit 104 Millionen Litern Bier (6,7 Prozent).

Tage bis mehrere Wochen unterwegs

Die Wege und Transportmittel hängen vom Ziel ab. Nach Spanien macht sich das Kö­nig der Biere per LKW, teilweise im kombi­nierten Verkehr mit der Bahn, auf den Weg. Für Lieferungen nach Übersee geht es per LKW und Bahn in die Seehäfen von Rotter­dam und Antwerpen. auf Containerschiffe umgeladen, führt die Reise dann über die Weltmeere bis zum jeweiligen Zielhafen im Empfängerland. Dort übernimmt dann wieder der LKW die Zustellung bis zum Importeur. Die Transportzeit bewegt sich zwischen wenigen Tagen innerhalb Euro­pas und mehreren Wochen bei Lieferungen nach Übersee. Jährlich verlassen mehr als 500 Überseecontainer die König-Brauerei, um in die ganze Welt geliefert zu werden. Damit auf dem 5,8 Hektar großen Gelände der König-Brauerei aber auch nur eine Fla­sche Bier gebraut werden kann, braucht es neben Malz, Hopfen und Hefe zuallererst einmal Wasser. Bier besteht zu mehr als 90 Prozent aus diesem natürlichen Roh­stoff. Und das Wasser für das König Pilse­ner kommt von den Stadtwerken Duisburg. „rund 340.000 Kubikmeter Trinkwasser im Jahr liefern wir per Fernleitung aus einem Wasserwerk am Halterner Stausee an die König-Brauerei“, erklärt Gunther Meinhold, der bei den Stadtwerken Duisburg diesen Kunden betreut. Wasser wird in den Brau­ereien außerdem zum Reinigen und Küh­len benötigt. Hier haben die Brauer in den vergangenen Jahren große Einsparungen umsetzen können. Wurden früher durch­schnittlich rund 25 Hektoliter Frischwasser für die Produktion eines Hektoliters Bier benötigt, so sind es heute dank effizienter Verfahrenstechnik deutlich weniger: „Die König-Brauerei hat derzeit einen Frisch­wasserverbrauch von rund 2,5 Hektolitern pro Hektoliter Bier“, erläutert technik-Geschäftsführer Christiani. „Uns ist in Deutschland keine andere Brauerei bekannt, die diesen Wert auch nur annähernd er­reicht. Damit belegen wir im internationalen Vergleich ebenfalls eine Spitzenposition.“ Wenn man einen Frischwasserverbrauch von 2,5 Hektolitern pro Hektoliter Bier zu­grunde legt, dann ergibt sich rechnerisch für die König-Brauerei ein Bierausstoß von 1,34 Millionen Hektoliter im Geschäftsjahr 2014.

Bis aus dem Wasser aus Haltern Bier wer­den kann, hat es also schon rund 60 Ki­lometer hinter sich. aber auch auf dem Brauereigelände muss es noch etwa 1,6 Kilometer in Rohren vom Sudhaus bis zur Abfüllung zurücklegen. Bis es schließlich in der Flasche, Dose oder einem Fass zum Abtransport bereit ist, dauert es circa drei bis vier Wochen.

Die König-Brauerei

Die König-Brauerei wurde 1858 in der Landgemeinde Be-eck, heute Duisburg-Beeck, gegründet und als Bairische Bierbrauerei Theodor König, Beeck bei Ruhrort, ins Han-delsregister eingetragen. Der Namenszusatz „bairisch“ deutet darauf hin, dass Theodor König offenbar plante, sein Bier nicht nach der damals am Niederrhein vorherrschenden obergärigen, sondern nach der vor allem in Bayern verbrei-teten untergärigen Brauart, heute als Pilsener Brauart be-kannt, herzustellen. Ende 1858 brachte er das erste Bier auf den Markt. Er verkaufte es zunächst nur im näheren Umkreis sowie in seiner der Brauerei angeschlossenen Gaststätte. Bereits nach wenigen Jahren belieferte König dann darü-ber hinaus die im Rahmen der Industrialisierung rasch wachsenden Nachbargemeinden Meiderich, Ruhrort und Hamborn. Während der Bierausstoß im ersten Jahr noch bei 200 Hektolitern lag, wuchs er bis 1878 auf 4.600 Hektoliter an und betrug zu Theodor Königs Tod im Jahre 1891 rund 15.000 Hektoliter. Einen sprunghaften auf-stieg erlebte das Unternehmen gegen Ende der 1870er Jahre, als moderne Brautechnik mit leistungsfähigeren Kühlmaschinen und Dampfbetrieb zum Einsatz kam. 1911 erschien erstmals das hopfenhaltigere König Pilsener, das zur bekanntesten Marke der Brauerei wurde. 1925 übernahmen die Enkel Max und Richard die Firmenleitung. Unter ihrer Führung wurde der Vertrieb über den Duisburger raum hinaus ins gesamte Rheinland ausgedehnt. 1929 erreichte man erstmals die ausstoßmenge von 100.000 Hektolitern. Mit einer neuen Rekordmarke von einer Million Hektolitern Jahresausstoß avancierte die König-Brauerei 1967 zur größten Privatbrauerei Deutschlands. König Pilsener war damit Marktführer im Pils-Segment in Deutsch-land. Neben dem König Pilsener werden in der König-Brauerei noch die alkoholfreie Variante sowie ein Radler hergestellt.


Kilometer 6784

Das ist die Entfernung in Kilometern Luftlinie, die die Dose König Pilsener zwischen Duisburg-Beeck und Madison zurückgelegt hat, bevor Bill Patton sie genießen konnte.

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