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Bis in die Weiten des Weltalls

Die Arbeiten der Ingenieure von Vertex Antennentechnik aus Homberg sind weltweit gefragt. Hightech-Produkte aus dem Duisburger Westen stehen in der Atacama-Wüste in Chile und horchen ins All.

Wenn Peter Fasel seine neue Baustelle be­sucht, muss er hoch hinaus. Der Duisbur­ger durchquert dann mit einem Gelände­wagen die staubtrockene Atacama-Wüste in Chile. Über eine neuasphaltierte Straße schlängelt er sich zum Gipfel des 5.612 Meter hohen Cerro Chajnantor hinauf. „Da braucht man für die Arbeit schon ein Sau­erstoffgerät“, sagt der Diplom-Ingenieur. In Chile bauen Forscher aus Deutschland, Kanada und den USA bis 2021 das „Cer­ro Chajnantor Atacama“-Teleskop (CCAT). Mithilfe dieses Instrumentes wollen sie bislang einzigartige Einblicke in die Entste­hung von Sternen und Galaxien gewinnen. Das Hightech-Teleskop stammt aus Duis­burg. Die Vertex Antennentechnik GmbH aus Homberg bringt sich mit Technik und Wissen im CCAT-Projekt ein. 

„Da braucht man für die Arbeit schon ein Sauerstoffgerät.“

Peter Fasel
Technik, die Freude macht: Markus Minor aus der Hochfrequenzabteilung wartet die Geräte, bevor sie in die Welt hinaus verschickt werden.

Kurze Zeit nach seinem letzten Chile-Trip sitzt Peter Fasel in seinem Büro. Über dem Stuhl baumelt ein Fanschal des MSV Duis­burg. An der Wand hängt ein Foto eines Radioteleskops. Mit der Technik beschäf­tigt sich der 52-Jährige seit 1993. Fasel hatte damals sein Maschinenbaustudium in Krefeld beendet und bei Vertex eine Ar­beitsstelle als Konstrukteur bekommen. Das Unternehmen war im Jahr zuvor aus der Antennenabteilung des Weltkonzerns Krupp hervorgegangen. 20 Leute arbeite­ten damals in Homberg. Der Jahresumsatz lag bei zwei Millionen D-Mark. Mittlerweile sind es mehr als 70 Mitarbeiter. Der Jah­resumsatz ist auf rund 25 Millionen Euro angestiegen. Großkunden wie die Europä­ische Weltraumorganisation ESA sorgen dafür, dass das Geschäft in Homberg läuft. Fernsehsender und Regierungsbehörden beauftragen Vertex zudem mit dem Bau und der Montage von Präzisionsantennen. Trotz solcher Kunden ist Vertex vielen Menschen in Duisburg unbekannt. „Wir sind immer noch ein Hidden Champion“, sagt Fasel. Damit meint der Technische Direktor ein Unternehmen, das in seiner Branche zu den Marktführern gehört, aber in der Öffentlichkeit kaum bekannt ist. Da­bei ist Vertex allgegenwärtig. „Wenn wir erzählen, dass unsere Satellitensysteme in Kinofilmen auftauchen, werden die Leu­te hellhörig“, sagt Fasel. Als Pierce Bros­nan als James Bond in „Goldeneye“ gegen russische Terroristen kämpfte, war auch Technik aus Duisburg zu sehen. Ebenso im Science-Fiction-Film „Contact“ mit Jodie Foster.  

Erfahrenes Duo: Peter Fasel (l.) und Gerbert Lagerweij arbeiten schon lange für Vertex.

„Wir sind immer noch ein Hidden Champion.“

Peter Fasel

Allerdings produziert Vertex nicht für Hol­lywood. „Dafür aber für Kunden auf allen Kontinenten“, sagt Gerbert Lagerweij. Der 57-jährige Niederländer leitet bei Vertex die Bereiche Marketing und Vertrieb. Wenn Lagerweij Gästen das Firmengelände zeigt, bleibt er vor einer Weltkarte stehen. Dort markieren Fahnen die Orte, in denen Tech­nik aus Homberg steht. Ein Pin steckt an der Ostküste der USA. Dort hat der Ver­tex-Mutterkonzern General Dynamics sei­nen Hauptsitz. Auch auf der Insel Spitzbe­rgen im Nordatlantik waren die Duisburger schon im Einsatz. „Dort begleiten einhei­mische Guides unsere Mitarbeiter. Sonst ist es wegen der Eisbären zu gefährlich“, sagt Gerbert Lagerweij. Vertex war auch an Projekten in Argentinien, Australien, Indien, Grönland, Tahiti und Russland beteiligt – insgesamt kommen mehr als 50 Länder zusammen.  

Unterwegs in mehr als 50 Ländern: Auf der Karte sind die Standorte mit Vertex-Technik markiert.

Bilder aus Chile dominieren in den Gängen und Hallen. Das liegt am CCAT-Projekt, vor allem aber an ALMA. Die Abkürzung steht für das „Atacama Large Millimeter Array“, das größte Radioteleskop der Welt. Dieses Hightech-Gerät soll den Wissenschaftlern gestochen scharfe Bilder aus den unendli­chen Weiten des Weltalls liefern und erfor­schen, wie Planeten und Sterne entstan­den sind. 66 Einzelteleskope wurden dafür in der chilenischen Wüste per Glasfaser miteinander verbunden. 25 davon produ­zierte Vertex. Jeweils 18 Meter hoch ist ein Teleskop und wiegt 110 Tonnen. Pe­ter Fasel war 2012 bei der Inbetriebnahme von ALMA vor Ort: „Als das Startsignal kam, ging der Puls in die Höhe.“ Schließlich rich­teten sich die Radioteleskope so aus wie gewünscht. „Das war ein schöner Moment, denn wir wussten, dass sich die jahrelange Arbeit gelohnt hatte“, sagt Fasel.  

Von Argentinien ins All: eine Vertex-Antennen im südamerikanischen Hochland.

Mit „wir“ meint er die vielen Ingenieure, Ma­thematiker, Physiker, Techniker und Mon­teure. 120.000 Arbeitsstunden haben die Duisburger insgesamt in das ALMA-Projekt investiert. Und auch kommende Aufgaben wie CCAT werden viel Zeit in Anspruch neh­men. Die Mitarbeiter von Vertex entwerfen Visualisierungen am Computer. Sie bestel­len bei den Lieferanten das notwendige Material – Kohlefaser, Aluminium und die Legierung Invar. Und sie testen alles auf Genauigkeit. Abweichungen dürfen sich höchstens im Submillimeterbereich bewe­gen. „Das ist ungefähr so viel wie ein Läu­sehaar“, sagt Gerbert Lagerweij. Zudem müssen die fertiggestellten Teleskope viel aushalten können.  

„Sonst ist es wegen der Eisbären zu gefährlich.“

Gerbert Lagerweij

Lagerweij betritt eine Halle. Dort spannt Tim Faßbender jedes Bauteil in eine Art überdimensionalen Schraubstock und überprüft das Material. Nur wenn ein Ein­zelelement seine Tests besteht, kann es für den Schiffstransport fertig gemacht werden. „Die Teleskope dürfen sich vor Ort natürlich nicht verbiegen. Deswegen gibt es die Kontrollen“, erklärt der Monteur. Faßbender trägt bei der Arbeit Schuhe mit Stahlkappen, ein schwarzes T-Shirt und eine kurze Hose. Bei seinem Job ist Mus­kelkraft nötig, der Großteil seiner Kollegen arbeitet vornehmlich mit dem Kopf. In einem Büro im Erdgeschoss sitzt Scott Granke. Der US-Amerikaner verließ Anfang 2017 sein Heimatland, um als Ingenieur für Vertex zu arbeiten. „In Duisburg gefällt es mir gut, besonders die Freundlichkeit der Leute mag ich“, sagt er. Doch Grankes Hauptgrund, ins Ruhrgebiet zu ziehen, war nicht die Mentalität der Bürger. Ihn reizte es, an Projekten wie CCAT mitzuarbeiten. Um dieses voranzutreiben, führt er Be­rechnungen durch, für die das Schulwissen aus dem Mathekurs nicht ausreicht. Bei weitem nicht.  

„Ich mag hier besonders die Freundlichkeit.“

Scott Granke
Fachmann aus den USA: Scott Granke arbeitet mittlerweile in Homberg.

Peter Fasel und Gerbert Lagerweij wissen um die Komplexität ihrer Arbeit, die nicht jeder versteht. „Wenn mich jemand fragt, was ich beruflich mache, sage ich einfach, dass ich große Antennen baue“, meistens, ob ich bei ihnen auf dem Dach die sagt der Technische Leiter. Lagerweij Satellitenschüssel ausrichten kann.“ muss schmunzeln: „Ich sage nur, dass ich Verkäufer bin. Wenn ich das mit den An­tennen anspreche, fragen mich die Leute meistens, ob ich bei ihnen auf dem Dach die Satellitenschüssel ausrichten kann.“ 

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