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Malen mit Licht

Mit Taschenlampe und Kamera entstehen beim Lightpainting kleine Kunstwerke in der Dunkelheit. Ein Selbstversuch im Landschaftspark.

Der Mond ist noch nicht aufgegangen, trotzdem ist es schon knackig kalt im Landschaftspark. Auf der Piazza Metallica mit ihren bunt beleuchteten Industrieruinen schießen noch ein paar Teenager ihre Selfies. Aber auf den weiten Wiesen vor dem grün angestrahlten „Krokodil“, der alten Verladebrücke über den Erzbunkern, ist es einsam und stockfinster. Taschenlampen wirbeln durch die Luft, Wunderkerzen beschreiben wilde Kreise. Jede Bewegung wird zu einem Pinselstrich aus purem Licht.

Fotografie wörtlich genommen

Der magische Moment dauert exakt 30 Sekunden. So lange braucht die Kamera, um strahlend weiße Blumen ins dunkle Nichts zu zaubern. Das Kunststück fängt das wahre Wesen der Fotografie ein, denn aus dem Altgriechischen übersetzt heißt Fotografie nichts anderes als: malen mit Licht. Beim Lightpainting – oder Lichtmalen – wird eine Lichtquelle während der Langzeitbelichtung in Richtung der Kamera gehalten und durch die Dunkelheit bewegt, um Formen zu erzeugen, die dann auf dem Foto zu sehen sind. „Es geht dabei um Kreativität, nicht darum, wer der tollste Fotograf ist oder das beste Objektiv hat“, sagt Thomas Klecha-Fauré, der in Duisburg gemeinsam mit seiner Frau Andrea Fauré die Fotoschule Fotokurse.ruhr betreibt und regelmäßig Lightpainting-Workshops im Landschaftspark leitet. „Der technische Aspekt, die Kamera einzustellen, das ist in einer halben Stunde abgefrühstückt.?

"Lightpainting kann im Prinzip jeder. Man arbeitet mit dem Licht, mit der Umgebung und sieht sofort das Ergebnis."

Thomas Klecha-Fauré

Tatsächlich ist das Erfolgsrezept denkbar einfach: 100 ISO, Blende 11, die 30 Sekunden Belichtungszeit starten … jetzt. Und schon springt man als Erwachsener vergnügt wie ein kleines Kind am Weihnachtsmorgen durch die Nacht, schreibt erst vorsichtig ein paar Zahlen in die Luft, lässt einfache Blumen aus dem Boden wachsen und wird schnell kreativer, wagemutiger. Ob vielleicht nicht sogar eine Ballerina etwas werden könnte? Dann heißt es warten. Das Display der Kamera wird schwarz. Und, ganz ehrlich, es ist wirklich spannend, den Fotoapparat gebannt anzustarren, bis der zermürbende „Verarbeiten“-Schriftzug endlich verschwindet und das selbstkreierte Bild erscheint. Der Kopf sitzt zu tief, die Arme der Ballerina sind zu kurz geraten. Aber sie steht da, mitten in der Dunkelheit.

Fotokurse für alle fotografischen Level

„Lightpainting kann im Prinzip jeder. Man arbeitet mit dem Licht, mit der Umgebung und sieht sofort ein Ergebnis“, weiß Thomas Klecha-Fauré. Und das macht Kindern genauso Spaß wie Senioren. Deshalb bietet seine Fotoschule die Lightpainting-Kurse für alle fotografischen Level, angefangen beim Einsteigerkurs, und für alle Altersgruppen an. Aber natürlich steckt der Teufel wie immer im Detail. Verschiedene Lichtquellen – von der Kerze bis zur bunten Lichterkette – erzeugen unterschiedliche Effekte. Es erfordert Geschicklichkeit und Übung, die Lichtquelle zwischen einzelnen Linien so abzudecken, dass klare Formen entstehen. Damit das Bild scharf wird, muss ein Lichtpunkt gesetzt werden, auf den sich die Kamera fokussieren kann, und anschließend der Autofokus ausgeschaltet werden. Bei großen kommerziellen Projekten kommt außerdem die Planung hinzu. „Wenn wir etwa einen 80 Meter hohen Kühlturm in Mannheim anmalen, dann gibt es eine richtige Choreografie und wir arbeiten mit Stoppuhren“, erklärt Thomas Klecha-Fauré. Doch für die vierstündigen Workshops der Fotokurse.ruhr, die auch oft im Programm der Volkshochschule laufen, ist der Landschaftspark die ideale Spielwiese. Und das wortwörtlich, schließlich geht es hier nicht nur ums Fotografieren, auch das Malen mit Licht will jeder Teilnehmer unbedingt selbst ausprobieren.

Ein Spiel mit der Kulisse

Die effektvoll angestrahlten Schornsteine und Leitungsinstallationen, die alten Gleisanlagen, die Aufbereitungsbecken mit ihren spiegelnden Wasserflächen: Das Hüttenwerk im Hintergrund schafft mit seinem farbigen Licht die richtige Tiefe, den Rahmen fürs Bild. „Hier nutzen wir für die aktive Lichtmalerei einfach das, was da ist – und packen natürlich noch was obendrauf“, sagt der Experte. Als Nächstes soll eine ganze Handvoll Wunderkerzen die cool beleuchteten Ventilatoren des alten Kühlturms zum Hintergrund degradieren. Thomas Klecha-Fauré gibt Regieanweisungen: mittig stehen, um die eigene Achse drehen und dabei mit den knisternden Sternchen Parabeln durch die Luft ziehen – schon erscheint auf dem Kameradisplay ein funkensprühender Ball, der jedem Feuerwerk Konkurrenz machen könnte. Über die alten Gleise geführt schaffen die Wunderkerzen dagegen einen Effekt, der an die brennenden Reifenspuren aus dem Film „Zurück in die Zukunft“ erinnert. „Es gehört dazu, viel auszuprobieren“, sagt der Dozent. Natürlich ist vor allem bei brennenden Materialien Sicherheit und Vorsicht das wichtigste Gebot. „Aber grundsätzlich kann man alles benutzen, was es im Haushalt gibt – Hauptsache, es leuchtet."

Ein bisschen wie Zauberei

Der Profi selbst bevorzugt allerdings eine andere Form der Lichtmalerei. Beinahe liebevoll zeichnet Thomas Klecha-Fauré mit seiner Taschenlampe die Konturen eines alten Motorblocks nach und macht das dunkle Objekt damit erst auf dem Foto sichtbar. Blaue, gelbe und weiße Lichtstreifen erscheinen, ein Schatten huscht durchs Bild. „Dadurch dass ich ein vorhandenes Objekt mit Licht anmale, verändere ich es“, erklärt der 47-Jährige. „Es geht darum, das Besondere, das Verdeckte herauszuholen, anstatt ein neues Objekt zu schaffen. Man kann mit dem Licht Sachen herauskitzeln, die man auf den ersten Blick nicht sieht.“ Lichtmalerei ist eben auch ein bisschen Zauberei.

Fotodozent Thomas Klecha-Fauré in Aktion.
Ein funkensprühender Ball und …
... brennende Gleise aus Wunderkerzen

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