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Eine süße Geschäftsidee

Eine Pâtisserie im Duisburger Süden setzt auf glutenfreie Produkte. Dahinter steckt die Krankheit der Firmenchefin Isabella Krätz.

Rhena Wolf hievt ein Blech mit Gebäck auf einen Tisch. Der Duft von Aprikosen und Cassis liegt in der Luft. Wolf greift mit ihren Plastikhandschuhen nach den violetten Leckereien und packt sie in eine Box. „Das sind Macarons. Die gehören zu unseren Spezialitäten“, sagt die Konditorin. Im Nachbarraum wälzt eine Kollegin derweil kleine Kuchen in Mandelsplittern. Und ein weiterer Mitarbeiter schiebt einen Wagen mit Rheinischen Bio-Krustenbroten zum Abkühlen.

Glutenfrei aus dem Ofen

Wer durch die große Backstube in Großenbaum läuft, bekommt sofort Appetit: auf Brownies, auf Schokoladen-Cookies oder auf Bananenkuchen. Die Sauerteigbrote locken herzhafte Geschmäcker an. Alle Produkte haben eines gemeinsam: Was hier aus dem Ofen kommt, ist glutenfrei. Der Firmenname ist Programm: „Isabella Glutenfreie Pâtisserie“ steht auf den schwarz-weißen Verpackungen, die im Vorraum lagern. Ein persönliches Leid führte dazu, dass sie im Duisburger Süden auf das Klebereiweiß verzichten. Isabella Krätz erzählt ihre Geschichte: „Wenn ich früher etwas gegessen habe, ging es mir kurz darauf oft schlecht“, sagt die Firmengründerin. Sie bekam dann Magenkrämpfe oder eine Migräne. Isabella Krätz besuchte deshalb einen Arzt nach dem anderen. 2007 erhielt sie dann die Diagnose Zöliakie. 

Macarons (links) und Gebäck mit Mandelsplittern versüßen den Isabella-Kunden das Leben.

„Also habe ich mir gedacht: Dann mache ich eben mein eigenes Café auf.“

Isabella Krätz

Isabella Krätz konnte also kein Gluten vertragen. Die Nachricht war zunächst ein harter Schlag für sie. Wenn sich im Café am Nachbartisch jemand ein Stück Sahnetorte gönnte, holte Isabella Krätz trockene Kekse aus der Tupperdose. Das ärgerte sie. „Ich wollte weiterhin genießen“, sagt die 58-Jährige. Also besuchte sie Backkurse, informierte sich über alternative Inhaltsstoffe und probierte neue Rezepte aus. Es brauchte einige Versuche, aber bald trafen sie ihren Geschmack. Isabella Krätz warb anschließend bei Konditoren für glutenfreie Produkte. Doch niemand wollte sie ins Sortiment aufnehmen. „Also habe ich mir gedacht: Dann mache ich eben mein eigenes Café auf!“, sagt die Halbitalienerin. Gesagt, getan. 2015 eröffnete sie im Düsseldorfer Stadtteil Oberkassel ein Café. Einen angrenzenden Raum nutzte Isabella Krätz als Manufaktur, um neue Kuchenkreationen zu backen. 

Familienunternehmen aus Leidenschaft (v. l.): Dominic, Isabella und Christof Krätz.

Auf Expansionskurs

Der Laden lief. Und bald hatte Dominic Krätz eine Vision. „Für glutenfreie Produkte gibt es einen so großen Markt“, sagte der Sohn der Firmengründerin damals. „Wir sollten uns vergrößern.“ Bald eröff nete Isabella Krätz das zweite Café in Düsseldorf. Eines Morgens bestellte Marcell Jansen dort sein Frühstück. Der ehemalige Fußball-Nationalspieler kam mit Dominic Krätz ins Plaudern. Jansen schwärmte dabei vom Konzept. „Er hat uns gesagt, dass so was auch in Hamburg funktionieren würde“, erzählt Dominic Krätz. Also expandierte das Start-up in den Norden.

Kilometer 423

423 Kilometer muss Dominic Krätz fahren, um von der Firmenzentrale zur Stuttgarter Filiale zu gelangen. Womöglich stehen bald noch längere Autotouren an. Denn das Unternehmen plant, einen Standort in München aufzubauen.

Der Bruder steigt ein

Der Wachstumskurs brachte die Familie ins Grübeln. Isabella Krätz und ihr Ehemann Christof waren erfolgreich in der Modebranche unterwegs. Doch nun hatten sie ihr eigenes Ding. „Das wollten wir ausbauen“, sagt Isabella Krätz. Das Ehepaar gab schließlich die alten Berufe auf und setzte alles auf die Pâtisserie. Das Gleiche galt für Dominic Krätz. Als Jugendlicher war er mit dem Speiseplan der Eltern nicht immer einverstanden. „Meine Freunde wollten selten zum Essen zu mir kommen, da es oft Dinkelnudeln anstatt Chicken Nuggets gab“, erzählt der 33-Jährige und lacht. Doch auch er kam auf den Geschmack. Also schmiss er seinen Job als Investmentbanker und stieg ins Familienunternehmen mit ein.  

Dominic Krätz ist jetzt Geschäftsführer und damit verantwortlich für rund 100 Mitarbeiter. Sie arbeiten in einer der beiden Düsseldorfer Filialen sowie an Standorten in Hamburg, Köln, Aachen und Stuttgart. Ein Großteil ist in Großenbaum beschäftigt. Am ehemaligen Sitz der Confiserie Otto Bittner fand Familie Krätz Platz für die Verwaltung und die Produktion. „Diese Fläche ist für uns ein echter Glücksfall“, sagt Dominic Krätz. Allerdings konnte das Unternehmen die Maschinen des Vorgängers nicht übernehmen. Das Start-up musste Geld in neue Technik stecken und gab in Duisburg mehr als eine Million Euro aus.

Das Unternehmen beschäftigt rund 100 Mitarbeiter.

Auszeichnung: Vegan Food Award

Dominic Krätz musste keine große Überzeugungsarbeit leisten, um die notwendigen Kredite zu bekommen. Die Banken gaben „Isabella Glutenfreie Pâtisserie“ eine gute Zukunftsprognose. In der kurzen Firmengeschichte hat Familie Krätz auch schon Erfolge vorzuweisen. 2019 etwa rief die Tierrechtsorganisation Peta den „Vegan Food Award“ in Leben. Als beste Backware zeichnete die Jury ein Passionsfrucht-Törtchen aus Großenbaum aus. „Wir haben auch viele vegane, zuckerfreie und milchfreie Produkte im Sortiment“, erklärt Dominic Krätz.

Dass darunter der Geschmack nicht leiden muss, hat sich bis in die Küche der Promis herumgesprochen. So nascht auch Tim Mälzer gerne die Törtchen aus Duisburg. Den Fernsehkoch lernte Dominic Krätz am Rande einer Ernährungsmesse kennen. Die beiden Männer fanden sich auf Anhieb sympathisch und beschlossen, gemeinsame Sache zu machen. Bei einer Gala zum Musikpreis „Echo“ stellte Mälzer das Catering. Familie Krätz kümmerte sich um das Nachtischbuffet.

„Wir haben auch viele vegane, zuckerfreie und milchfreie Produkte im Sortiment.“

Dominic Krätz
Unser tägliches Brot: Auch für das Frühstück hat das Start-up die passenden Produkte.

Es war ein unvergessliches Erlebnis. In Berlin traf Dominic Krätz etwa die Schlagerqueen Helene Fischer, TV-Moderator Kai Pflaume oder die Hip-Hop-Gruppe „Die Fantastischen Vier“. „Da haben wir auch bis spät in die Nacht gefeiert“, erzählt der Geschäftsführer.

Die Pâtisserie punktet mit klassischem Design (links) und farbenfrohen Leckereien.

Einfach tolle Erlebnisse

Ansonsten treibt er sich selten auf Partys herum. „Das Unternehmen zu leiten, ist eine sehr harte Arbeit“, sagt Dominic Krätz. „Da heißt es schon mal, Verzicht zu üben.“ Mehrwöchige Urlaubsreisen und ständig freie Wochenenden kann er sich noch nicht erlauben. Es gibt aber viele Momente, in denen Dominic Krätz sieht, dass sich die Plackerei lohnt. Er denkt an die Geschichte eines US-Amerikaners. Der Geschäftsmann war am Frankfurter Flughafen zwischengelandet. Er dachte aber nicht daran, sich die Zeit vor Ort zu vertreiben. Stattdessen stieg der Mann in einen Zug und fuhr nach Düsseldorf. Er wollte sich dort mit Törtchen und Tartelettes aus dem Hause „Isabella Glutenfreie Pâtisserie“ eindecken. 

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