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Von der Natur am Wambachsee lernen

Martin Scholz steht im Türrahmen sei­nes Baustellenwagens am Wambachsee im Duisburger Süden. Die Szene erinnert an die Fernsehsendung „Löwenzahn“ und an Peter lustig. Das Markenzeichen von beiden ist der Baustellenwagen. Und wie der Moderator erklärt Scholz Kindern die Umwelt. Seit 2002 betreibt er die Natur­werkstatt, zu der der Baustellenwagen gehört. Vor zwei Jahren kam noch eine kleine Blockhütte dazu, die heute auf dem Grundstück an der Sechs-Seen-Platte steht. Neben der Naturwerkstatt liegt das städtische Forsthaus. Dort nutzt die „Rol­lende Waldschule“ der Kreisjägerschaft seit vergangenem Jahr Räume. Der Wam­bachsee ist ein Hotspot der Umweltbildung geworden.

Kindgerecht Natur erleben

Mit ihrer Arbeit wollen die Naturwerkstatt und die Waldschule Kinder mit der Na­tur vertraut machen. Das Ziel soll sein, eine „grundlegende Naturkompetenz“ zu vermitteln und zu erklären, warum es so wichtig ist, verantwortungsbewusst mit natürlichen Ressourcen umzugehen. „auch wenn es spielerisch wirkt“, so Mar­tin Scholz, „geht es bei der Umweltbildung immer um einen Wissenstransfer.“ Es ist Wissen, das viele Kinder heute nicht mehr haben. „oft ist Kindern die heimische Tierwelt vollkommen fremd“, sagt Michael Garski, Obmann für den Lernort Natur bei der Kreisjägerschaft und mitverantwort­lich für die Rollende Waldschule. Heute erwartet Martin Scholz eine Gruppe Grund­schulkinder. Es kommt die Klasse der Lehrerin Ulrike Schmidt von der Grundschule Böhmer Straße. Sie war schon öfters mit ihren Schülern bei dem agraringenieur. Vor ein paar Monaten haben sie Apfelsaft gemacht. Jetzt steht eine Pflanzaktion an. Ein Kreislauf schließt sich. Blumenzwiebeln und Obstbäume sollen in den Waldboden. Und Martin Scholz will um das Gelände der Naturwerkstatt noch eine Buchenhecke anlegen. Viel Arbeit, wenig Zeit. Zuhören und lernen – das ist als Erstes angesagt. Scholz weiß, dass er hier streng sein muss. „Wer sowas zum ersten Mal macht, macht noch tausend Fehler“, sagt er. Und Martin Scholz weiß auch, dass die Kinder und Eltern, wenn sie in den kommenden Monaten wieder an der Naturwerkstatt vorbeilaufen, blühende Pflanzen sehen wollen. Eine Grundregel der Umweltbildung: „Wenn man gut ist, dann kommen die Leute wieder, aber nur dann.“ Und gut, das heißt in diesem Fall, einer Gruppe Kinder und ihren Eltern zu erklären, wie sie Blumenzwiebeln pflanzen.

Richtig pflanzen

Damit aus ihnen einmal Narzissen sprie­ßen, müssen sie doppelt so tief, wie sie hoch sind, eingegraben werden. Bei der Hecke sieht es ähnlich aus. Nur alle 30 Zentimeter dürfen die Kinder eine Pflanze setzen. Damit alles funktioniert, teilt Mar­tin Scholz die Gruppe in Teams ein. Marc Eisentraut und sein sechsjähriger Sohn Max sind für die Narzissen verantwortlich.

Max gräbt die Löcher, sein Vater legt die Blumenzwiebeln hinein. „Es ist tief ge­nug, Großer“, sagt Marc Eisentraut, der seinen Sohn kaum bremsen kann. Kinder wie Max lernen eine Menge von solchen Aktionen. Denn heute ist es längst nicht mehr selbstverständlich, dass Kinder wis­sen, dass manche Blumen aus einer Zwie­bel entstehen. auf Max trifft das nicht zu. „Klar, weiß ich das“, sagt er und läuft los, um das nächste Loch zu graben. Berüh­rungsängste mit der Natur hat er nicht. Seine Eltern haben ihm extra eine Bauar­beiterhose gekauft, damit der Verschleiß nicht so groß ist, wenn der Steppke im Freien herumtobt. Vor den Regenwürmern, die aus dem Erdreich kriechen, ekelt er sich ebenso wenig. Ein besonders langes Exemplar setzt er seiner Mutter auf die Schuhe. Ärgern kann er sie damit nicht. Den Eltern von Max ist es wichtig, dass ihr Sohn viel an der frischen Luft spielt und die Welt um sich herum kennenlernt. „Viele Kinder kommen heute kaum noch vor die Tür“, sagt Marc Eisentraut, „da ver­wundert es nicht, wenn sie nur noch wenig über unserer Natur erfahren.“ Dieses Pro­blem kennt auch Michael Garski: „Wenn wir nach den bekanntesten Tieren hierzulan­de fragen, kommt oft die Antwort: Löwe, Tiger oder Giraffe.“ Dass es aber Dachse, Wildschweine oder Marder sind, die in unseren Wäldern leben, ist vielen fremd. Hier setzt Michael Garski zusammen mit seinem Kollegen Martin Heßhaus an. Seit Juni 2015 sind die beiden Obmänner der Kreisjägerschaft mit der Rollenden Wald­schule unterwegs. Die beiden Jäger sind pädagogisch geschult und bringen Kindern die Bewohner des Waldes anhand von ausgestopften Tieren näher. Mit den fachgerecht gearbeiteten tierpräparaten zeigen sie, was die unterschiedlichen Arten ausmacht und woran sie zu erkennen sind. So verwechseln Kinder häufig Hasen und Kaninchen. „anhand unserer Präpa­rate zeigen wir die Unterschiede auf und erklären, dass Hasen in der Regel längere Ohren und kräftigere Hinterbeine haben“, so Martin Heßhaus. Elementare Arten Kunde eben.

Mit Vorurteilen aufräumen

Für die Männer ist es Teil ihres Selbstbil­des als Jäger, dass sie ihr Wissen über die Natur weitergeben. Dabei gilt es auch häu­fig mit Vorurteilen aufzuräumen, die ihrer Passion anhaften. Gerade Kinder denken, dass den Jäger sein Gewehr ausmacht. Ein Irrtum, sagt Martin Heßhaus: „Wir erklären, dass es für den Jäger viel wich­tiger ist, die Natur zu beobachten.“ Mit der Waldschule sind Michael Garski und Martin Heßhaus überall in Duisburg unterwegs. Die Kreisjägerschaft holt die Kinder aber auch regelmäßig in den Wald. So organisiert sie etwa eine Waldrallye. Start ist an der Carl-Benz-Straße. Von dort aus geht es in den Wald hinein über die blaue Brücke zum Sauengatter der Wildschweine bis zum Forsthaus Curtius. Unterwegs gibt es Aufgaben zu bewälti­gen: Felle durch Fühlboxen ertasten oder ein Waldhotel für den Igel mit Stöcken aufbauen. Hier sprechen sie auch den Umweltschutz an. Die Jäger weisen die Kinder darauf hin, dass es wichtig ist, auf den Wegen zu bleiben, und dass Müllsä­cke, Spraydosen und Autoreifen im Wald nichts verloren haben.

Erfolgreiche Umweltbildung

Mehr als 1.000 junge Duisburger hat die Rollende Waldschule bereits erreicht. Wie viele Kinder Martin Scholz bei sich in der Naturwerkstatt hatte, das lässt sich wahrscheinlich kaum noch beziffern. Scholz ist ein Urgestein der Duisbur­ger Umweltbildung, und seine Arbeit ist bereits mit Preisen ausgezeichnet wor­den. 2004 erhielt die Naturwerkstatt die Silberne Umweltnadel der Stadt. Vier Jahre später bekam sie den Förderpreis der Stiftung für Umwelt, Gesundheit und Soziales für besonderes Engagement in der Natur- und Umweltbildung. auf ein Projekt ist Martin Scholz besonders stolz – das „Grüne Band zwischen Orient und Okzident – vom Duisburger Apfel Anbau zur Grünen Lunge Regenwald“. Zwischen der katholischen Kirche St. Peter und der DitiB-Merkez-Moschee in Marxloh pflanzte Scholz zusammen mit Kindern, Eltern und Lehrern aus dem Stadtteil 50 Obstbäume. Das Projekt ist Teil des Wettbewerbs „Marxloh macht’s“, der von der Entwick­lungsgesellschaft Duisburg ausgelobt wurde. Es thematisiert symbolisch das Jubiläum zum 50-jährigen Bestehen des Anwerberabkommens für türkische Gastarbeiter. Später kam der Gedanke hinzu, es mit Fragen zur Erhaltung des Regenwaldes zu verknüpfen.  aber eine Sache ist noch entscheidender, auf die Martin Scholz gerne am Rande hinweist. Das Projekt zeigt, wie wichtig die Natur in der Stadt ist. „Solche Aktionen fördern das Gemeinschaftsgefühl“, sagt Scholz. Dass er damit nicht Unrecht hat, belegen Studien. Britische Psychologen der Cardiff University haben herausgefunden, dass sich durch das Pflanzen von Bäumen die Kriminalitätsrate deutlich senken lässt.

Für Scholz ist das ein Beleg dafür, warum seine Arbeit gerade in Duisburg wichtig ist. Denn: Um die Natur vor der Haustür zu erhalten, benötigt es Wissen. Und dafür, dass dieses Wissen an die nächste Ge­neration weitergegeben wird, engagieren sich die Menschen hinter der Naturwerk­statt und der Rollenden Waldschule.

Die Naturwerkstatt

Die Naturwerkstatt von Martin Scholz bietet unterschiedliche Naturerlebnisführungen und Seminare an. Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite unter naturwerkstatt-duisburg.de.


Umweltbildung in Duisburg

In Duisburg ist Umweltbildung ein großes Thema. Neben Naturwerkstatt und Rollender Waldschule gibt es zahlreiche weitere Organisationen. Sie arbeiten im Arbeitskreis Umweltbildung zusammen. Weitere Informationen gibt es unter duisburg.de.


Kreisjägerschaft

Wer Interesse an den Aktivitäten der Rollenden Waldschule der Kreisjägerschaft (KJS) hat, der kontaktiert am besten Michael Garski unter der Rufnummer: 0157 31 45 65 58. Weitere Informationen zur KJS in Duisburg gibt es unter kjs-duisburg.de.


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