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Mit Harry den Wald erkunden

Harry steigt in die Luft. Auf seinen Schwingen gleitet er im Sturzflug vom stählernen Aussichtsturm auf dem Wolfsberg – einem Aussichtspunkt an der Sechs-Seen-Platte – hinunter zu seinem Falkner. Der Wüstenbussard ist schnell. Bis zu 250 Stundenkilometer schaffen die Greifvögel. Harry selbst scheint das nicht zu wissen. Sein eigenes Tempo unterschätzt er. Er schießt über den Handschuh seines Falkners hinweg. Seine Fluggeschwindigkeit ist zu hoch, um mit seinen Krallen Halt zu finden. Erst im zweiten Anlauf gelingt es ihm, sich auf der Hand niederzulassen. „Das sind für mich die schönen Momente an der Falknerei“, sagt Michael Schepers. Den majestätischen Jäger fliegen zu sehen, das genießt er. Und Harry ist ein imposanter Vogel. Die Spannweite von Wüstenbussarden kann bis zu 1,20 Meter betragen. Sie gehören zur Familie der Habichte. Anders als die meisten ihrer Verwandten jagen sie aber in Gruppen, weswegen es sehr soziale Vögel sind. Das sind auch gute Voraussetzungen für die Falknerei, wie Michael Schepers findet.

Leises Klingeln im Gehölz

Den Wüstenbussard hat er seit vergange­nem August. Den Namen haben sich Sche­pers töchter ausgedacht – Harry wie Harry Potter. Der 44-Jährige nennt seinen Begleiter aber auch oft ein­fach Harris. Das passt. immerhin ist er ein Harris Hawk. So heißen die Greifvögel auf Englisch. Wie genau er gerufen wird, das scheint Harry aber relativ egal zu sein. auf die Stimme von Michael Sche­pers hört er dennoch. Mit den Augen ist er in den Baumwipfeln im Wald rund um die Sechs-Seen-Platte kaum auszumachen. Durch das Glöckchen am Bein ist er aber deutlich zu hören. leise klingelt es immer wieder zwischen dem Gehölz. Michael Schepers braucht nur laut „Harris“ zu rufen, dann kehrt der Greifvogel zu ihm zurück. Hier darf er ihn frei fliegen lassen.

„Die Natur ist so schön und sie liegt bei uns direkt vor der Haustür, da sollten die Menschen schon etwas über sie wissen.“

Michael Schepers

Der zuständige Förster axel Freude hat ihm einen Jagderlaubnisschein ausgestellt. Der Falkner ist oft an der Sechs-Seen-Plat­te unterwegs. Er kennt die Ecke gut. Die Grillplätze rund um diese grüne lunge mit­ten in der Stadt vermietet er im Auftrag der Stadt. Seit knapp zwei Jahren organisiert er auch Waldläuferübernachtungen. Mit Über­lebenstraining, wie es der Survival-Experte Rüdiger Nehberg praktiziert, haben diese Campingausflüge in den Duisburger Wald aber nichts zu tun. Es sind GPS-touren mit Übernachtungen, die Familien die Schön­heit der heimischen Natur näherbringen sollen. Die Gäste lernen zunächst, wie sie mit ihren Schritten die Entfernungen bestimmen. Das ist wichtig, um die Entfer­nung von einem Punkt zu einem anderen abschätzen zu können. Um mit der Hilfe von GPS-Koordinaten den Weg zu finden, brauchen die Gäste dieses Wissen. aber auch ohne Technik ist es möglich, sich zu orientieren – etwa am Stand der Sonne. „im Osten geht die Sonne auf, im Süden macht sie Mittagslauf, im Westen will sie unterge­hen, im Norden ist sie nie zu sehen“, erklärt Michael Schepers immer.

Seine Gäste lernen aber auch viel über die Bäume, die es im Wald gibt, und wie er funktioniert. Die Gruppen übernach­ten dann später auf dem Zeltplatz des Kneipp-Vereins. Und dort steht Lagerfeu­erromantik auf dem Programm. am Feuer nimmt sich Michael Schepers dann gerne mal seine Gitarre, die er bei diesen Events immer zur Hand hat, und spielt etwas. „Das kann ich aber nicht besonders gut“, sagt er.

Ganz und gar in seinem Element ist Michael Schepers, wenn es um sein Hobby Falknerei geht. Denn: Harry ist auch bei den Waldläu­fer-Events dabei. Der eindringliche, wache Blick des Greifvogels reicht schon aus, um zu vermitteln, wie schön die Natur sein kann. Dass Harry auf die Menschen wirkt, das lässt sich bereits beobachten, wenn er mit ihm auf der Hand die Wege rund um den Wambach entlangläuft.

Events mit dem Greifvogel

Die Menschen drehen den Kopf, um ei­nen Blick auf den Bussard zu erhaschen. Wann begegnet ihnen auch schon ein solcher Vogel im Alltag? Michael Sche­pers hat Harry aber für mehr als bloße Effekthascherei. Der Falkner richtet ihn auf Krähen und Elstern ab. Vergrämung nennt er das. Harrys Aufgabe dabei ist es, die Plagegeister von Orten zu vertreiben, wo sie nichts zu suchen haben. Das macht er unter anderem auf dem Gelände der Wirt­schaftsbetriebe Duisburg in Hochfeld. Die Krähen und Elstern dort tragen allzu ger­ne den Müll fort und verteilen ihn dahin, wo er nichts zu suchen hat. Ein Ärgernis, dem Schepers mit seinem Wüstenbussard zu Leibe rückt. Dass in Michael Schepers‘ leben Wald und Tiere eine so große Rollen spielen, wurde ihm – könnte man beina­he sagen – in die Wiege gelegt. Sein Vater war Abteilungsleiter im Grünflächenamt und dort zuständig für die Wälder. Schon als Kind spielte Michael Schepers daher im Wald an der Wedau. Buden haben er und seine Freunde gebaut. Einmal gruben sie eine Erdhöhle aus. „Darin haben wir uns dann versteckt“, erzählt Schepers, „Unsere Eltern haben uns nicht gefunden.“ Da war es irgendwie nur logisch, dass Michael Schepers später auch sein Geld mit dem Wald verdienen sollte. Heute arbeitet er selbstständig als Forstassessor. Er küm­mert sich also um alle Arten von arbeiten, die mit dem Wald oder der Baumpflege zu tun haben. So ist er unter anderem für den Baumbestand der katholischen Kirchengemeinden im Duisburger Süden verantwortlich, etwa auf dem Friedhof in Serm.

Kilometer 25

So lang ist das Wegenetz rund um die Sechs-Seen-Platte. Während die nördlichen Seen wie Wambach- oder Wolfsee als Naherholungsgebiet dienen, sind die südlichen Seen wie Böller- oder Haubachsee geschützte Biotope. Sie bieten Platz für eine reichhaltige Natur- und Pflanzenwelt.

Dass er so viel Zeit im Wald und mit Bäu­men verbringt, das macht auch seine Events authentisch. Er sitzt mit seiner ver­schlissenen Arbeitshose aus Leder, grüner Jacke und grünem Rollkragenpullover auf einem Baumstamm. Es ist der knorrige Stamm einer Buche am Wegesrand, der schief nach oben gewachsen ist. Der untere Teil hat so die Form eines Stuhls angenom­men, auf dem es sich sogar bequem sitzen lässt. Michael Schepers nennt ihn Hain­buchenstuhl. auf ihn setzt er sich, um den Gästen seiner Waldläufertour Wissenswer­tes über Bäume zu erklären. Sie bekommen kleine Aufgaben: Bäume zählen, ihre Art bestimmen, sie mit den Fingern ertasten. „So lernen sie spielerisch etwas über das Ökosystem Wald“, sagt Schepers. „Die Na­tur ist so schön und sie liegt bei uns direkt vor der Haustür, da sollten die Menschen schon etwas über sie wissen.“ Was die hie­sigen Wälder zu bieten haben, ist auch eine schöne Werbung für Duisburg, findet Sche­pers. Unrecht hat er damit nicht. Beleg sind seine Events. Sie sind ausgesprochen be­liebt. Und es sind längst nicht nur Duisbur­ger, die sich bei dem Waldläufer anmelden. Menschen aus dem ganzen Ruhrgebiet besuchen sie. ob er der Einzige ist, der solche Waldübernachtungen in der Region anbietet, das weiß er nicht.

Mit seiner naturverbundenen Art verleiht er ihnen aber etwas Einzigartiges – und das nicht nur wegen Vogel Harry. Der zieht nämlich schon wieder seine Run­den durch die Wipfel der Bäume, während Michael Schepers weiter erklärt, warum der Duisburger Wald so schön ist.

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